Personalknappheit, mangelnde Disziplin, Doppelspurigkeit: Die Aargauer Regionalpolizeien stehen derzeit unter starkem Beschuss. Wird es Zeit, das duale Polizeisystem durch eine Einheitspolizei zu ersetzen? Darüber diskutierten im «TalkTäglich» der ehemalige Polizeichef Urs Winzenried und FDP-Gemeinderat Daniel Suter.
Die duale Polizeiorganisation mit einer Kantonspolizei und 15 Regionalpolizeien (Repol) sorgt im Aargau seit einigen Jahren für Diskussionen. Nun machen Befürworter einer Einheitspolizei mobil – allen voran der ehemalige SP-Regierungsrat und Polizeidirektor Silvio Bircher sowie Léon Borer, ehemaliger Kommandant der Kantonspolizei. Im Hintergrund versuchen sie bereits, die Politik auf ihre Seite zu bringen und kritisieren Polizeivorsteher und Regierungsrat Dieter Egli als «Zauderer» in der Entscheidungsfindung.
Ebenfalls für eine Einheitspolizei kämpft Urs Winzenried. Er war 35 Jahre lang Chef der Aargauer Kriminalpolizei und politisierte bis vor kurzem noch für die SVP im Grossen Rat. «Ich bin überzeugt», erklärt der 72-Jährige auf Nachfrage von Moderator und AZ-Chefredaktor Rolf Cavalli, «dass unser Polizeisystem noch viel besser funktionieren könnte.» Es gehe ihm nicht darum, die unterschiedlichen Repol aufzuheben, sondern in die Kantonspolizei zu integrieren.
In einem «Aufruf zur Rückweisung des Polizeigesetzes», der an alle 140 Grossrätinnen und Grossräte verschickt wurde, fielen teilweise derbe Worte gegen das duale Polizeisystem im Aargau. Worte, die Daniel Suter tief getroffen haben. Der Gemeindeammann von Frick und Präsident der politischen Vertreter der Regionalpolizeien im Aargau erklärt: «Ich war entsetzt darüber, wie man über unsere Frauen und Männer spricht, die sich tagtäglich für die Sicherheit unserer Bevölkerung einsetzen.» Der Aargau verfüge über Repol, die nicht nur qualitativ gute Arbeit leisten würden, sondern auch kostengünstig seien.
Ganz anders sieht das Urs Winzenried. Er spricht von Ressourcenverschwendung und meint damit die Doppelspurigkeit der beiden Korps. «Bei vielen Einsätzen wird oft erst die Repol aufgeboten und später muss die Kantonspolizei übernehmen», so Winzenried. Solche Szenarien könne man mit der Einführung einer Einheitspolizei vermeiden. Auch habe es bei 15 Repol-Organisationen zu viele Chefs. Diese könne man effektiver einsetzen, um wichtige Schwerpunkte zu setzen.
Suter widerspricht und erklärt, es gebe kein Gerangel der beiden Korps um Einsätze. Es sei völlig normal, dass sich ein Einsatz derart entwickeln könne, dass die Zuständigkeit wechsle. Dies sei nie ein Problem gewesen. Weitaus schlimmer sei dies etwa bei den Rettungsdiensten im Kanton, die sich um Zuständigkeiten streiten würden.
Weiter kritisiert Winzenried die Lohnunterschiede zwischen den beiden Korps. «Bei der Repol verdient man mehr, obwohl weniger Einsatzbereitschaft nötig ist und leichtere Aufgaben bewältigt werden müssen», so der ehemalige Kriminalpolizist. Auch sei es für Angehörige der Repol einfacher, die Organisation zu wechseln als dies für Kantonspolizisten sei.
Suter widerspricht dem finanziellen Aspekt nicht, betont aber, dass die Herausforderungen bei der Repol nicht kleiner als bei der Kantonspolizei seien. So sei etwa der Patrouillenanteil bei der Repol grösser. Ausserdem seien Angehörige der Repol Fachleute, die die regionalen Gegebenheiten sehr gut kennen würden. «Bei einem Wechsel zur Einheitspolizei würden wir das verlieren», so Suter.
Überhaupt sei die Bürgernähe der Repol und deren überschaubare Zuständigkeitsgebiete von grosser Bedeutung, wie Suter weiter ausführt. «Die Bevölkerung hat so direkte Ansprechpartner in der Region. Die Repol können gezielt auf regionale Hotspots reagieren und dabei beispielsweise auch mit Gemeinderäten zusammenarbeiten.»
Dem widerspricht Winzenried. Er kontert: «Das Argument der Bürgernähe hat vielleicht früher gegolten. Heute betreut eine Repol nicht selten mehr als 20 Gemeinden, da soll mir niemand etwas von Bürgernähe erzählen.» Auch beim Thema Bussgelder ist Winzenried überzeugt, dass ein einheitlicher Standard wichtig sei, um eine «Geldmacherei» zu verhindern.
Suter erwidert, dass niemand jammern müsse, wenn er eine Busse bekommt. Dies habe immer einen Grund. «Es ist unbestritten, dass das Geld bringt. Aber es erhöht auch die Sicherheit. Unsere Repol sind alles andere als Bussenjäger.»