Zehn Jahre sind wie im Flug vorübergegangen: Die Cellistin Daniela Roos und die beliebte Aarauer Konzertreihe Sonaare feiern Jubiläum.
Für einige Menschen hat der Tag 48 Stunden. Wie sonst könnte die Cellistin Daniela Roos-Hunziker Konzerte spielen und solche organisieren sowie gemeinsam mit ihrem Mann – dem Klarinettisten Lukas Roos – drei Kinder grossziehen? Daniela Roos lächelt, spricht man sie darauf an. «Das geht schon», sagt sie. Ja, aber bestimmt nur mit ausgeklügeltem Zeitmanagement; dem Brennen für die Sache und im Wissen, dass der Aufwand nie aufgerechnet werden darf.
Dass 2023 zehn Jahre wie im Flug vorübergegangen sind, seit sie die von Marga und Hans-Ulrich Ganz gegründeten «Sonaare»-Konzerte übernommen hat, überrascht sie selbst. Von Müdigkeit keine Spur; die Cellistin versprüht so viel Elan und Neugier, dass klar wird, weshalb die Kammermusikreihe «Konzerte für Entdecker» heisst. Wer sich ins Programm der zehnteiligen Jubiläumssaison vertieft, sieht sich einer stilistisch wie programmlich spannenden Vielfalt gegenüber.
Mozarts Sinfonia Concertante mit dem Stradivari Orchester steht beispielsweise «Nellapoli», einem Konzert mit den melodientrunkenen, hierzulande viel zu wenig bekannten Balladen Neapels gegenüber. Dass auf diesen, wohl an manche italienische Oper erinnernden Abend dann einer wie «Szenen ohne Worte» mit Streichquartetten deutscher (Engelbert Humperndinck) und italienischer Opernkomponisten (Giacomo Puccini und Giuseppe Verdi) folgt, ist eine sinnstiftende Fortsetzung.
Das dazu eingeladene Pacific Quartet Vienna kennt Daniela Roos sehr gut. So, wie sie fast die meisten der Musikerinnen und Musiker kennt, die in der Pauluskirche Aarau auftreten. Andere lernt sie bei einem Konzert kennen. Beeindruckt sie deren Spiel, werden sie für «Sonaare» in Betracht gezogen. Überdies erreichen Daniela Roos täglich Schreiben und E-Mails von Musikerinnen und Musiker aus vielen Ländern dieser Welt. «Ich habe mir vorgenommen, alle zu beantworten, aber mittlerweile treffen bei mir derart viele Bewerbungen ein, dass ich das nicht mehr schaffe.»
Neben spannenden Namen wie Nelly Patty, Maurice Steger, spielt auch Daniele Roos mit ihrem Trio Sorriso auf. Erstmals wird dann im Dezember – auf vielseitigen Wunsch – ein Adventskonzert ausgerichtet: «Weihnachtliche Barockmusik bei Kerzenschein». «Wir wagen es, obgleich in der Vorweihnachtszeit bekanntlich viele Veranstaltungen stattfinden», sagt Daniela Roos dazu.
Das Duo Calva; Nelly Patty, Maurice Steger, Hille Perl und Céline Pasche; The Twiolins, ein Geschwister-Duo, das Vivaldi neues Leben einhaucht; das Trio Dobona mit Werken von u.a. Bizet, Mozart und Doppler; das Trio Idemo!, das sich mit ansteckender Lust in so verschiedenen Genres wie Folk, Jazz, Klassik und Tango Nuevo bewegt; das Trio Sorriso, in dem Daniela Roos und ihr Mann Lukas spielen und das sich mit «Schwiizer Schümli» für Schweizer Kaffeehausmusik starkmacht.
Wagen ist das Schlüsselwort. Selbst wenn die monatlich stattfindenden Konzerte ein treues Stammpublikum haben, betreibt Daniela Roos einen grossen Aufwand, um nicht nur diese, sondern auch neue Besucherinnen und Besucher zu begeistern. Sie verschickt für jeden Anlass 300 Briefe per Post – und das in einer mailüberfluteten Zeit wie der unsrigen! Das mutet beinahe anachronistisch an, aber Daniela Roos weiss: «Unser Publikum schätzt diese persönliche Ansprache und den persönlichen Kontakt» – so, wie die Pauluskirche als stimmiger Konzertraum und die 60-minütige Konzertdauer ohne Pause geschätzt werden. Zudem sind die Konzerte ausgesprochen budgetfreundlich.
Wollen Veranstalter nämlich vom Aargauer Kuratorium unterstützt werden, muss ein Eintritt verlangt werden. Zu den 15 Franken gibt es bei den «Sonaare»-Abenden eine Kollekte. «Somit erfüllen wir die Vorgabe des Kuratoriums; bei der Kollekte sind jedoch alle vollkommen frei, was sie geben wollen.» Dennoch wird jede Saison von einer gewissen Unsicherheit begleitet. Gesuche um finanzielle Mittel müssen aufs Neue eingereicht werden; der Gönnerverein will gehegt und weiter vergrössert werden. Da sind – siehe oben – die ersten 24 Stunden bereits aufgebraucht.
Die anderen 24 Stunden gehören der Familie und dem Spielen in den Duos Montana und Escarlata; dem Trio Sorriso, dem Swiss Orchestra sowie dem Christoph Walter Orchestra, einem Show-Orchester. Hier tankt Daniela Roos mit Sicherheit derart viel Energie, dass dem 20-Jahr-Jubiläum von «Sonaare» unter ihrer Ägide wohl nichts im Wege stehen dürfte.
27. Januar. Pauluskirche, Aarau.