In ihrer Kolumne «Liebes Leben, wir müssen reden» schreibt Social-Media-Redaktorin Maria Brehmer über alles, was das Leben schöner macht – und manchmal auch schwieriger. Heute: Warum es nicht um Unterwäsche geht.
Was kommt ihnen beim Wort Liebestöter in den Sinn? Verbeulte Feinrippunterhosen? Mundgeruch? Kratzige Stoppeln? Die vielen Umfragen im Netz bestätigen, dass wir unter Liebestötern vor allem unansehnliche und unappetitliche Äusserlichkeiten verstehen.
Wer als attraktiv gelten will, muss sich nur regelmässig die Haare waschen, die Essensreste aus den Zahnlücken pulen und neuwertige Unterwäsche tragen. Liebeserfolg garantiert!
Als ich noch Single war, traf ich hin und wieder Männer, mit denen ich zuvor über Dating-Apps kommunizierte. Als ich einer Freundin von einer bevorstehenden Verabredung erzählte, reagierte sie mit der Befürchtung, er könnte vielleicht neongrüne Badehosen besitzen oder Satin-Bettwäsche mit chinesischen Schriftzeichen drauf. «Beunruhigt dich diese Unwissenheit nicht?», fragte sie mich.
Doch, das tat sie. Ein Grund, warum ich von Internetbekanntschaften jeweils Ganzkörperfotos verlangte, bevor ich mich darauf einliess, sie in der analogen Welt zu sehen: Ich wollte wissen, welches Schuhwerk und welche Sockenfarbe sie bevorzugten, da ich einige Modelle als untragbar einstufte.
Tatsächlich lernte ich meinen Partner nicht im Internet, sondern im realen Leben kennen. Und als ich mich zum ersten Mal zum Date mit ihm traf, wusste ich nicht, welche Farbe seine Badehose hat. Unter Liebestötern verstehe ich heute etwas anderes. Es gibt sie, da bin ich überzeugt, nur gehen sie über den Wirkungsgrad von Feinrippunterhosen hinaus.
Echte Liebestöter nagen an der Verbindung, die zu spüren die Grundlage einer jeden erfüllenden Partnerschaft ist. Wie eine Unterströmung unterlaufen sie die Grundfesten unserer Liebe, manchmal so heimtückisch leise, dass wir sie lange nicht bemerken. Sogenannte Mikroverletzungen etwa, wie sie durch wiederholte Respektlosigkeiten oder Missachtung von Grenzen entstehen, können die Liebe zum sterben bringen.
Wenn es Momente der ungeteilten Aufmerksamkeit fast gänzlich verhindert, wird auch das Smartphone zum Liebestöter. Denn wir brauchen die Aufmerksamkeit von unserem Partner oder unserer Partnerin, sie sorgt für Tiefe und Vertrauen und stabilisiert die Bindung. Überarbeitung, chronischer Stress, Ruhelosigkeit: alles Liebestöter. Weil sie uns geistig abwesend machen, während wir körperlich da sind.
Es gibt Bücher mit Titeln wie «Liebestöter – Rumzicken, dick werden und 57 andere Beziehungskiller» oder «Der kleine Liebestöter – wie du deinen Lover garantiert in die Flucht schlägst». Ich beabsichtige nicht, sie zu lesen. Weil es nicht funktioniert, wenn man mir Empfehlungen wie Notwendigkeiten verkauft.
Schon gar nicht, wenn sie so persönliche Lebensbereiche wie die Liebe betreffen. Meine Beziehung hängt nicht davon ab, ob ich mir die Beine rasiere oder nicht. Nein, Feinrippunterhosen mit Eingriff sind tatsächlich nicht mein Ding. Die Macht, meine Liebe zu töten, besitzen sie allerdings nicht.