Appenzellerland
Grosser Ärger mit kleinem Kirchturm: In Wald wurde das Wahrzeichen verlängert

Was heute lächerlich anmutet, war vor 120 und mehr Jahren bitterer Ernst: Weil die Einwohnerinnen und Einwohner von Wald wegen ihres kurzen Kirchturms immer wieder beissendem Spott ausgesetzt waren, wurde das Wahrzeichen der Gemeinde im Jahr 1902 kurzerhand um sechs Meter verlängert.

Peter Eggenberger
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Ursprünglich überragte der Kirchturm von Wald kaum das Kirchenschiff (links). Vor 120 Jahren erfolgte deshalb eine Verlängerung um sechs Meter, um den Spöttereien ein Ende zu setzen.

Ursprünglich überragte der Kirchturm von Wald kaum das Kirchenschiff (links). Vor 120 Jahren erfolgte deshalb eine Verlängerung um sechs Meter, um den Spöttereien ein Ende zu setzen.

Bild: PE

Die Kirche von Wald wurde 1687 eingeweiht, was zugleich die Trennung von Trogen bedeutete. Schon damals trug der Turm ähnlich wie heute eine Zwiebelhaube. Allerdings überragte das Wahrzeichen das Kirchendach nur knapp. In der Folge hatten die Wäldler immer wieder spöttische Bemerkungen hinzunehmen, was zu gehässigen Diskussionen führte.

Nur zwei Stimmen gegen die Turm-Verlängerung

Um die Spötter ein- für allemal zum Schweigen zu bringen, wurde kurzerhand eine Erhöhung des Turms geplant. Dazu Ernst Züst im Buch «Geschichte der Gemeinde Wald»: «Die Kirchhöri (Gemeindeversammlung) stimmte der Verlängerung um sechs Meter mit 150 gegen nur zwei Stimmen zu. Gleichzeitig befürwortete sie eine Erhöhung des Glockengewichts von 5700 auf 6500 Kilogramm. Glockengiesser Jakob Egger in Staad bei Thal erhielt dann sogar den Auftrag, ein neues Geläute mit vier Glocken in B-Dur im Gesamtgewicht von 6900 Kilogramm zu schaffen.»

Zügige Ausführung

Was aus heutiger Sicht als seltsam und unnötig empfunden wird, wurde damals zügig und mit Begeisterung umgesetzt. Die Bauarbeiten begannen im Frühling 1902, und Anfang Oktober wurden der von den Bauleuten Gebrüder Calderara, Heiden, verlängerte Turm und das neue Geläute feierlich eingeweiht. Schon bald fanden Spott und Hohn ein Ende. Heute ist der damalige Ärger der Bevölkerung von Wald über ihren zu kurz geratenen Kirchturm nur noch eine für ungläubiges Kopfschütteln sorgende Episode der 335-jährigen Gemeindegeschichte.