Wenige Kunden, tiefe Prämien und hohe Schadenssummen: Helvetia hat die Blackout-Versicherung aus ihrem Angebot gekippt. Derweil steigt das Blackout-Risiko.
Die Summe ist enorm: Gemäss dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) beträgt das aggregierte Schadenspotenzial einer mehrmonatigen Strommangellage 180 Milliarden Franken. Zitternd blickt die Schweiz dem nächsten Winter entgegen. Kommt es zu einem dramatischen Engpass, könnte der Bund den Strom gebietsweise für 4 Stunden abschalten. Es wäre eine Art geordnetes Lichterlöschen. Doch auch ein geordnetes Lichterlöschen befeuert die Gefahr eines Blackouts, einer unkontrollierten Stromabschaltung. Dann stünde die ganze Schweiz still.
Bis vor kurzem hatten Firmen die Möglichkeit, sich vor der Unbill eines Blackouts zu schützen. Zumindest in einem bescheidenen Rahmen. Die Helvetia-Versicherung lancierte im Juni 2017 exklusiv ein entsprechendes Produkt. Für eine Jahresprämie von 29 Franken und 50 Rappen konnten sie Schäden bis 15'000 Franken versichern. Ein Helvetia-Sprecher sagte damals gegenüber der Zeitung «Zentralschweiz am Sonntag»: «Unsere Analysen haben gezeigt, dass ein massgeschneidertes Versicherungsprodukt fehlt, das sämtliche finanziellen Folgen einer Unregelmässigkeit in der Stromversorgung abdeckt.»
Bei der Blackout-Versicherung arbeitete Helvetia mit dem Verein Energieeffektivität Community zusammen. Dessen Gründer Urs Anton Löpfe, ein Architekt und Experte zu Fragen der Energieversorgung, hat sich ganz der Blackout-Prävention verschrieben. Private und Firmen, die dem Verein Energieeffektivität beitraten, schlossen automatisch eine Blackout-Versicherung ab. Das taten gut ein Dutzend.
Doch ausgerechnet zu einer Zeit, in der sich die Blackout-Gefahr verschärft, hat Helvetia das Angebot aus ihrem Portfolio gestrichen. Im Interview mit der «Schweiz am Wochenende», zu der auch dieses Portal gehört, sagte Helvetia-Chef Philipp Gmür: «Wir haben schon vor der Diskussion rund um die Energiekrise entschieden, diese Versicherung nicht mehr anzubieten. Das Produkt hat nicht rentiert, die Prämien waren zu tief im Verhältnis zum Schaden. Und jetzt ginge es ohnehin nicht mehr.»
Tatsächlich machte Helvetia mit der Versicherung ein Minusgeschäft. Gemäss Recherchen von CH Media kam es zwischen 2017 und 2021 zu vier Schadensfällen. Allein eine Kunststofffirma im Kanton Schaffhausen war dreimal von einem plötzlichen Stromausfall betroffen. Nach langem Hin und Her deckte die Helvetia schliesslich in allen drei Fällen einen Teil des Schadens und gab dafür einen fünfstelligen Betrag aus. Das Beispiel aus Schaffhausen offenbarte: Die Zahl der Kunden war viel zu klein, als die Blackout-Versicherung hätte rentieren können.