Altdorf
Der «Kollegi-Träff» bringt mehrere Generationen von Maturandinnen und Maturanden zusammen

Unter dem Motto «Jahre später» hat der «Kollegi-Träff» stattgefunden.

Claudia Naujoks
Drucken

An der 14. Generalversammlung des Vereins der Ehemaligen und Freunde der Kantonalen Mittelschule Uri sind unter anderem vier Neueintritte in den Vorstand sowie drei Verabschiedungen vollzogen worden. Den Platz des pensionierten Schulrektors Daniel Tinner im Vorstand nimmt nun der neue Schulrektor Marco Mattei ein. Noel Baumann und Remo Infanger treten dem Vorstand nach ihrer Wahl ebenfalls bei. Die beiden letzteren gestalten als Redaktionsteam die schulinterne Zeitschrift «Passwort». Thomas Ziegler ist in seinem Amt als Präsident für zwei weitere Jahre bestätigt worden. Ausgetreten sind Elias Bricker und der Rechnungsrevisor Antonio Camenzind. Für ihn kommt neu Michael Bissig.

Von links: Landgerichtspräsidentin Agnes Planzer Stüssi, Schauspieler Werner Biermeier und der ehemalige Kollegi-Rektor Daniel Tinner erzählen ihre Lebensgeschichten, moderiert von Christian Arnold (ganz links).

Von links: Landgerichtspräsidentin Agnes Planzer Stüssi, Schauspieler Werner Biermeier und der ehemalige Kollegi-Rektor Daniel Tinner erzählen ihre Lebensgeschichten, moderiert von Christian Arnold (ganz links).

Bild: Claudia Naujoks (Altdorf, 6. November 2021)

Wie sind die Berufskarrieren verlaufen, was ist aus den Maturanden von damals geworden? Dieser Frage widmete sich anschliessend das von Christian Arnold moderierte Podiumsgespräch. Eingeladen waren die Juristin Agnes Planzer Stüssi, der Schauspieler Werner Biermeier und der frisch pensionierte Schulrektor Daniel Tinner, der im Gegensatz zu den anderen beiden im bündnerischen Chur Matura gemacht hat. Rund 60 ehemalige Maturandinnen und Maturanden aus den Jahrgängen 60/61, 70/71, 80/81, 90/91 und 00/01 lauschten an diesem Anlass vom vergangenen Samstag den spannenden Geschichten auf der Bühne. Zu der Zeit, als die drei Gäste im Gymnasium waren, also zwischen 1973 und 1981, wurde das Kollegi noch von katholischen Patern geleitet.

Werner Biermeier war zunächst Konditor

«Was willst du denn mit der Matura, du übernimmst doch eh das Konditor-Geschäft deiner Eltern», musste sich Werner Biermeier anhören. Doch er konterte damals schon, dass eine solide Allgemeinbildung ihm niemand mehr nehmen könne. Auch seine Familie stand diesbezüglich voll und ganz hinter ihm. Sein schauspielerisches Talent trat damals schon im Wahlfach Theater zutage. Allerdings schien sein Weg zunächst tatsächlich vorgezeichnet, arbeitete er nach seiner Ausbildung zum Konditor-Confiseur bei Sprüngli doch viele Jahre im Konditor-Geschäft der Eltern mit.

Werner Biermeier kann auf eine erfolgreiche Schauspielkarriere zurückblicken.

Werner Biermeier kann auf eine erfolgreiche Schauspielkarriere zurückblicken.

Bild: Claudia Naujoks (Altdorf, 6. November 2021)

Als dieses jedoch nach dem Zusammenbruch des Dollars 1996 nicht mehr weitergeführt werden konnte, musste er sich etwas anderes überlegen. Für die Ausbildung für den diplomatischen Dienst wäre er schon zu alt gewesen und für diejenige zum Arzt hätte er sich seiner Schwäche in Mathematik stellen müssen, deshalb habe er sich für die Schauspielerei entschieden. Inzwischen kann er auf eine erfolgreiche Theater-, Film- und TV-Karriere zurückblicken.

«Ich habe mich durchgebissen»

Agnes Planzer Stüssi, Landgerichtspräsidentin im Kanton Uri seit 2003, landete auf dem Kollegi, weil sie ihrem grossen Bruder nacheiferte. In der Primarschule immer mit guten Noten verwöhnt, gestaltete sich der Übertritt ins «Gymi» jedoch schwierig. Aber: «Ich habe mich durchgebissen», erinnert sie sich. Trotzdem möchte sie die Zeit im Kollegi nicht missen. Schon während der Schulzeit kristallisierte sich bei ihr der Wunsch heraus, dass sie Anwältin werden wollte. Als sie nach der Matura nach Bern zog, um Jura zu studieren, tat sie das mit dem Vorsatz, nie mehr nach Uri zurückzukehren. «Ich habe die Berge gesehen», war ihr Motto damals.

Agnes Planzer Stüssi ist seit 2003 Landgerichtspräsidentin in Uri, dabei wollte sie nach der Matura nie wieder in den Heimatkanton zurückkehren.

Agnes Planzer Stüssi ist seit 2003 Landgerichtspräsidentin in Uri, dabei wollte sie nach der Matura nie wieder in den Heimatkanton zurückkehren.

Bild: Claudia Naujoks (Altdorf, 6. November 2021)

Das Anwaltspatent machte sie auch bewusst nicht in ihrem Heimatkanton. Es brauchte zwei Anläufe einer Urner Kanzlei, um sie doch wieder zurückzulocken. Vor allem die Möglichkeit der Selbstständigkeit reizte sie an dem Angebot, denn bisher war sie angestellt. Heute schätzt sie vor allem die Berge und den See, denn sie müsse sich in ihrem Beruf ausschliesslich mit negativen Energien auseinandersetzen. Um sich zu schützen, ziehe sie Ruhe und Kraft aus der Natur.

Traum von verwesendem Papst war Wendepunkt

Daniel Tinner wurde nach der Matura für seine erste Berufswahlentscheidung vor allem durch seinen Vater geprägt, der als Treuhänder sehr viel mit Zahlen zu tun hatte. Es war eine Abgrenzung vom Elternhaus, als er sich fragte, ob es denn nur um Zahlen gehe oder ob da noch etwas anderes sei, was das Leben ausmache. «Da ist das Theologiestudium auf der Hand gelegen», erzählt er. Aber schon bald fühlte er sich auch hier eingeengt. Der nächste Wendepunkt wurde ausgelöst durch einen Schlüsseltraum, in dem er einem verwesenden Papst begegnet und schlagartig erkennt, dass er an die frische Luft muss, um wieder frei atmen zu können. Als Konsequenz konvertierte er.

Daniel Tinner leitete in den letzten sechs Jahren das Urner Kollegi.

Daniel Tinner leitete in den letzten sechs Jahren das Urner Kollegi.

Bild: Claudia Naujoks (Altdorf, 6. November 2021)

Zunächst genoss er die Freiheit, sich als reformierter Pfarrer aus der katholischen Kirche die schönen Elemente mitzunehmen und in sein Wirken einzubauen. «Aber letztlich emanzipierte ich mich von der Kirche und landete in der Erwachsenenbildung», resümierte Tinner rückblickend. Er empfahl dem Kanton beim Schlusswort, nicht so kleinteilig zu denken, sondern globaler. Und er attestierte den Urnern, im positiven Sinn sehr gut geerdet, treu und verbindlich zu sein. Dies sei ein wichtiges Kapital für die Zukunft. Bildungspolitisch sei man am Kollegi noch extrem konservativ unterwegs, in den Volksschulen sei mit dem Lehrplan 21 schon viel mehr in Bewegung.