Die Albert Koechlin Stiftung debütiert mit dem Jubiläumsprojekt in Altdorf und präsentiert eine breite Palette von Aktivitäten rund um Literatur- und Kulturvermittlung. Da ist für jedes Alter etwas dabei.
«Ich mag diesen Wagen, der ist toll», steht, mit einem grossen roten Herz versehen, an der Tafel im umgestalteten Bauwagen, der von 6. bis 10. September 2022 zum ersten Mal überhaupt unterwegs ist – und das im Kanton Uri. Er ist das Herzstück von einem der Jubiläumsprojekte zum 25. Geburtstag der Albert Koechlin Stiftung, dessen Konzept von Projektleiterin Anna Balbi gemeinsam mit Christine Weber von Wort & Ohr erdacht wurde.
«Toll, wie der Wagen schon am ersten Tag seines Einsatzes angefangen hat zu leben», freut sich die Wagen-Betreuerin Fanny Zihlmann. Tatsächlich hängen an einer Pinnwand eine Reihe von Steckbriefen von Kindern, die Interesse an Brieffreundschaften haben. Sie schreiben auf, was sie aus dem Karawagen machen würden. So können Kinder in der nächsten Stadt, die die Steckbriefe sehen, Kontakt aufnehmen mit den Kindern aus Uri und Brieffreundschaften anfangen.
An sieben Standorten in der Innerschweiz wird der Karawagen Halt machen und Kinder, Jugendliche und Erwachsene anziehen. Das Ziel des Wagens ist es, Literatur im engeren und Kultur im weiteren Sinne zu vermitteln. Das analoge und haptische Erlebnis steht im Vordergrund, auch wenn ein iPad an der Wand hängt. Mit diesem kann man allerdings «nur» Geschichten anhören. Bücher können einfach aus Regalen genommen und auf einem gemütlichen Rückzugs-Hochbett angeschaut oder gelesen werden. Jede Menge Materialien zum Kreativ-Sein können jederzeit von der studierten Theaterpädagogin für kleine oder grosse Bastler und Künstlerinnen bereitgestellt werden. Buchstaben zum Neue-Wörter-Erfinden, Sätze-Schreiben und Geschichtenerzählen gibt es mit Beleuchtung, für die Magnettafel und zum selber ausschneiden. Mit allen Sinnen können Geschichten erfahren werden.
Neben den Schulklassen, die sich im Vorfeld anmelden und die Aktivitäten im Bauwagen wahrnehmen, werden an jedem Besuchsort vorhandene kulturelle Angebote aktiviert, die eine Ergänzung zum Karawagen bilden. «Ich wollte mal was anderes machen», erklärt Maria (14). Sie zeichnet im Rahmen eines Graffiti-Workshops ein Herz, das sie später ausschneiden und mit roter Farbe aus Spraydosen farbig gestalten wird.
Zum Glück spielt das Wetter mit, denn auch der Geschichtenerzähler Matteo Schenardi – von der auch am Event beteiligten Kantonalen Bibliothek entsandt – und die Künstlerin Nathalie Bissig präsentieren ihre haptische Bilderbuchgeschichte draussen vor dem Karawagen. Sie handelt von Gegenständen, die beim Ausmisten auf dem Dachboden der Tante gefunden wurden. «Es ist immer wieder faszinierend, wie die Kinder im Alter von vier bis sieben Jahren eine halbe Stunde absolut still sitzen und völlig gebannt an den Lippen des Erzählers hängen», staunt Nicole Jeisy von der Kantonsbibliothek. Die Gegenstände unterstützen optisch das Gehörte. Später können die Kleinen diese selber anfassen.
Um sich in Ruhe Sätze für einen Rap-Song ausdenken zu können, ziehen sich der Urner Rapper Coco38 und die drei Workshopteilnehmer unter einen Pavillon zurück. Unter dem anderen Pavillon hat die Ludothek allerlei Spiele zum Thema «Geschichten, Sprache & Kommunikation» aufgebaut.
Trotzdem sei die Frage erlaubt: Funktioniert so ein analoges Angebot noch bei den Digital Natives? «Ich war selber überrascht, dass niemand am iPad hing. Angesprungen sind alle auf das, was sie selber machen durften: Selber ausschneiden, alles selber hervorholen und benutzen», staunt Fanny Zihlmann. Ein besonders amüsanter Moment war, als jemand an der mechanischen Schreibmaschine fragte: «Ist das der alte Computer?» und «Was muss ich machen, wenn ich einen Fehler schreibe?» Enttäuschte Ausrufe folgten auf die Antwort der Betreuerin: «Du musst einfach noch mal von vorne anfangen.»
Hinweis: Das Programm in Altdorf unter www.karawagen.ch/altdorf.