Studie
Forscher ziehen positive Bilanz: So meistert Andermatt die Transformation

Höhere Preise, aber auch ein breiteres Angebot. Die Veränderungen in Andermatt im Zuge der Investitionen von Samih Sawiris sind unüberschaubar. Die Hochschule Luzern hat dazu Stimmen aus der Bevölkerung gesammelt.

Christian Tschümperlin
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Andermatt hat sich seit dem Tätigwerden des ägyptischen Investors Samih Sawiris vom verschlafenen Bergdorf zur Tourismusdestination mit internationaler Ausstrahlung gewandelt. Diese Entwicklung löst in der Bevölkerung unterschiedliche Reaktionen aus, wie eine Studie der Hochschule Luzern zeigt.

Die Bautätigkeit in Andermatt bleibt hoch.

Die Bautätigkeit in Andermatt bleibt hoch.

Bild: Florian Arnold (Andermatt, 23. März 2021)

Das Grossprojekt umfasst den Bau von sechs Hotels im 4- bis 5-Sterne-Bereich, rund 500 Appartements in 42 Häusern, 28 Privatvillen, Kongressräumlichkeiten sowie ein 18-Loch-Golfplatz. Rund ein Drittel der Hotelbauten wurde bereits erstellt. Zusätzlich wurde das Skigebiet modernisiert und das kulturelle Leben erweitert. «Ein solch umfassendes Tourismusprojekt bringt für ein Dorf wie Andermatt weitreichende soziokulturelle und sozioökonomische Veränderungen mit sich», schreibt die Hochschule Luzern. Diese könnten von der Bevölkerung als Chance oder Herausforderung verstanden werden. In einer Langzeit- und Begleitstudie wurden die Auswirkungen auf soziale und wirtschaftliche Strukturen der Gemeinde untersucht. Die Resultate der vierten und letzten Teilstudie zeigen ein mehrheitlich positives Bild.

Interviews zeigen: Einheimische sind verunsichert

Interviews, die in der Bevölkerung durchgeführt wurden, weisen zwar teilweise auf eine Verunsicherung hin. «Etliche Einwohnerinnen und Einwohner befürchten eine Verdrängung der einheimischen Bevölkerung oder andere negative Folgen», sagt Beatrice Durrer Eggerschwiler, Projektleiterin und Dozentin für soziokulturelle Entwicklung an der Hochschule Luzern.

Doch die Entwicklung von Andermatt zum Tourismusplayer bringt für die Bevölkerung auch viele Vorteile mit sich. So werden die Modernisierung und Erweiterung des Skigebiets von den Einwohnern sehr positiv aufgenommen. «Auch kann die Bevölkerung von vielen Neuerungen im Dorf profitieren, beispielsweise vom öffentlich zugänglichen Schwimmbad oder von neuen Wander- und Bikerwegen», sagt Durrer. Die Investitionen haben in Andermatt denn auch eine Entwicklung ermöglicht, die nach dem Weggang der Schweizer Armee sonst nicht realisierbar gewesen wäre. Hans Regli, Gemeindepräsident von Andermatt, sagt:

«Es konnten Arbeitsplätze gesichert und zusätzliche Lehrstellen geschaffen werden.»

Seit Beginn der Bekanntgabe des Projektes haben Preise für Einfamilienhäuser in Andermatt um 270 bis 500 Prozent zugenommen, gesamtschweizerisch liegt der Preisanstieg bei 44 Prozent, schreibt die Hochschule Luzern. Bei Eigentumswohnungen lässt sich eine Preissteigerung von bis zu 200 Prozent feststellen. «Zudem zeigt sich nun: Wer in Andermatt eine Wohnung mieten möchte, braucht dafür ein mittlerweile grösseres Budget», sagt Hannes Egli, Dozent für Regionalökonomie an der Hochschule Luzern, der die sozioökononomischen Veränderungen untersucht hat. «Diese Mietpreissteigerung war in der Bevölkerung schon länger ein grösseres Thema und zeigt sich nun zeitverzögert auch in unseren Daten.»

Logiernächte sind deutlich gestiegen

Die Logiernächte haben von 2009 mit 73'000 Übernachtungen auf erstmals mehr als 100'000 Übernachtungen 2018 zugenommen. «In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass sich immer mehr Einwohner aktiv in die Entwicklung des Dorfes hin zu einem attraktiveren Lebensort einbringen wollen», so Durrer. Viele Einwohner sehen denn inzwischen auch mehr Chancen als Nachteile in dem Projekt.

Das Hotel Chedi wurde schon fast so etwas wie das Wahrzeichen von Andermatt.

Das Hotel Chedi wurde schon fast so etwas wie das Wahrzeichen von Andermatt.

Bild: Boris Bürgisser (Andermatt, 8. November 2018)

Der Einbezug der Bevölkerung ist laut den Studienautoren ein Schlüssel für den positiven Verlauf der weiteren Gemeinde- und Tourismusentwicklung. Eine Reihe von Empfehlungen, die von der Hochschule Luzern erstellt wurden, sollen der Gemeinde, dem Kanton und dem Unternehmen Andermatt Swiss Alps dabei helfen. Zu ihnen zählen eine transparente Kommunikationspolitik, der aktive Austausch mit der Bevölkerung oder der Einbezug von lokalem Erfahrungswissen.