Das Bergdorf Hospental hat eine neue touristische Attraktion erhalten. Offiziell eröffnet wird diese allerdings erst im Frühling 2022.
Von aussen ist ihm absolut nichts anzusehen. Der im 13. Jahrhundert erbaute Turm thront wie gewohnt auf einem felsigen Hügel hoch über dem schmucken Dorf Hospental. Im Innern des markanten Bauwerks gibt es jedoch eine Veränderung. Es ist nun nicht mehr hohl, sondern beinhaltet eine aufwendige Stahlkonstruktion mit Gitterrosten. Über 85 Treppenstufen kann man damit nun auf eine Aussichtsplattform gelangen. Diese befindet sich auf einer Höhe von rund 18 Metern.
Am Freitag nutzten rund zwei Dutzend Anwohner exklusiv die Gelegenheit, sich hochzukämpfen und die neue touristische Attraktion zu begutachten. Eine Anstrengung, die sich lohnte, bietet sich doch von ganz oben eine atemberaubende Aus- und Rundsicht ins Urserntal. Weil die Bauarbeiten noch nicht ganz abgeschlossen sind und insbesondere der Blitzschutz und eine Absturzsicherung beim Zugangsweg noch fehlen, wird die neue Aussichtsplattform erst am 21. Mai 2022, am Tag vor der Talgemeinde Ursern, im Rahmen eines grossen Festes für die breite Öffentlichkeit offiziell eröffnet und zugänglich gemacht. Die Erstbegehung fand bewusst nur im kleinen Kreis statt.
«Für uns Hospentaler ist der Turm nicht nur ein Wahrzeichen. Er ist ein ganz wichtiger Bestandteil des Dorfes und nicht mehr wegzudenken», betonte Talammann Beat Schmid an einer kleinen Infoveranstaltung im Anschluss an die Besichtigung. «Er hat für uns die gleiche Bedeutung wie das Matterhorn für Zermatt oder die Kapellbrücke für Luzern.» Schmid wies er darauf hin, dass der Kostenvoranschlag von 325'000 Franken aufgrund archäologischer Mehraufwände wohl geringfügig überschritten werde. Die definitive Abrechnung wird erst im Mai nächsten Jahres präsentiert. Bei der Finanzierung dieses Projekts wird die Korporation Ursern von mehreren Sponsoren unterstützt.
Der zuständige Bauingenieur Heinz Schnider sprach von grossen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Bau der Aussichtsplattform. So durften beispielsweise keine Eingriffe in die historische Bausubstanz vorgenommen und das Erscheinungsbild des Turms nicht verändert werden. Die eindrückliche Stahlkonstruktion ist denn auch von aussen nicht zu sehen. Weil im unebenen Gelände kein Kran aufgestellt werden konnte, mussten sämtliche Stahlelemente mit einem Helikopter herangeflogen und passgenau in den Turm herabgelassen werden. Bei diesen kniffligen Aktionen, die nur bei Windstille oder wenig Wind durchgeführt werden konnten, kam eine sogenannte Longline zum Einsatz.
Christian Auf der Maur von der Archäologischen Fachstelle Uri orientierte über die Ergebnisse der archäologischen Grabungen, die im Zusammenhang mit dem Bau der Aussichtsplattform vorgenommen wurden. Neueste Untersuchungen mit Hilfe der sogenannten Radiocarbon-Datierung am damals verwendeten Holz haben ergeben, dass der Turm um oder kurz nach 1277 erbaut wurde.
Als Bauherren kommen die Herren von Hospental in Frage. Die Ersterwähnung des Bauwerks geht auf das Jahr 1285 zurück. Bei den Grabungen fanden die Archäologen einen Armbrustbolzen und ein Messer mit abgebrochener Spitze. Zudem fanden sie heraus, dass es auf dem Hügel vor dem Bau des Turms bereits eine andere Nutzung gegeben haben muss. Worum es sich dabei genau handelte, sollen nun weitere Untersuchungen zeigen.