Umweltverbände reichen Einsprache gegen Meienreuss-Kraftwerk ein

Der Urner Umweltrat ist überzeugt, dass der Kanton Uri auf das Kraftwerk Meienreuss nicht angewiesen ist. Anders tönt es bei den CKW: Sie geben sich enttäuscht, dass die Bemühungen um CO2-freien Strom nicht honoriert werden.

Florian Arnold
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Der Umweltrat will kein Kraftwerk an der Meienreuss. (Bild: Leo Lengwiler)

Der Umweltrat will kein Kraftwerk an der Meienreuss. (Bild: Leo Lengwiler)

Die Urner Kantonalsektionen und die schweizerischen Verbände von WWF und Pro Natura haben am 12. November Einsprache gegen das Kraftwerk Meienreuss der CKW eingereicht, dies im Auftrag des Urner Umweltrats. «Das geplante Kraftwerk widerspricht jeglicher Vernunft», lässt sich Kurt Eichenberger, Geschäftsleiter des WWF Uri, in einer Medienmitteilung zitieren. «Wir fordern den Regierungsrat dazu auf, dem Projekt die Konzession zu verweigern. Weder ist ein weiteres Kraftwerk nötig, noch lässt sich ein solches im Meiental rechtfertigen.»

Energieziele werden als erreicht betrachtet

Im Schutz- und Nutzungskonzept erneuerbare Energien (Snee), das 2013 in Kraft gesetzt wurde, ist ersichtlich, welche Gewässer in Uri genutzt oder geschützt werden sollen. Die Gesamtenergiestrategie des Kantons hat zum Ziel, 10 Prozent mehr Strom aus Wasserkraft gegenüber 2006 zu produzieren. «Diese Ziele sind heute mit den bewilligten oder sich in Bau befindlichen Kraftwerken Fellibach, Schächen, Alpbach und Palanggenbach bis auf eine vernachlässigbare Strommenge bereits erreicht», teilt der Urner Umweltrat mit.

Dem widersprechen die CKW, denen das Kraftwerk Göschenen zu 50 Prozent gehört: «Wir leisten mit dem Wasserkraftwerk Meiental nicht nur einen Beitrag an die nationale Energiestrategie, sondern auch an die Ausbauziele des Kantons Uri», heisst es in einer Stellungnahme. «Ohne das Kraftwerk Meiental kann der Kanton Uri das Ausbauziel der eigenen Energieproduktion von 150 Gigawattstunden nicht realisieren.» Dieses gelte zudem als «Projekt von nationalem Interesse», dies aufgrund der Jahresproduktion von 31 Gigawattstunden. «Wir sind enttäuscht, dass die Umweltverbände unsere Bemühungen für die Produktion von sauberem, CO2-freiem Strom nicht honorieren», sagt CKW-Mediensprecher Marcel Schmid. «Wir haben mit den Umweltverbänden mehrere Gespräche geführt, leider haben sie vor einem Jahr eine weitere Zusammenarbeit abgelehnt.» Der Kanton Uri habe mit dem Snee klar für die Nutzung der Meienreuss ausgesprochen – im Gegenzug werde ein grosser Teil des Meientals für die weitere Nutzung der Wasserkraft unter Schutz gestellt. «Mit der Einsprache wird das Snee grundsätzlich in Frage gestellt und damit verbunden auch der Schutz von zahlreichen Tälern», so Schmid.

Rat setzt auf «Landschaftsrappen»

«Mit der Nutzung der Meienreuss würde eine Gewässerperle absolut unnötig geopfert», hält Alf Arnold vom Urner Umweltrat dagegen. Als Alternative schlug der WWF Uri dem Regierungsrat am 22. August vor, das Meiental, so wie es heute ist, gegen Entschädigung über den «Landschaftsrappen» unter Schutz zu stellen. Die Umweltschutzorganisationen stützen sich auf ein Expertengutachten, welches dem Meiental nationale Bedeutung attestiert, was eine Voraussetzung für den Bezug des Landschaftsrappens sei.

Über den «Landschaftsrappen» würden die postulierten Wasserzinsen des Kraftwerks zu einem wesentlichen Teil ausgeglichen. «Unsere Alternative hat gegenüber dem Kraftwerksprojekt der CKW fast nur Vorteile und enthält im Unterschied zum politisch umstrittenen Wasserzins null Risiko», sagt Kurt Eichenberger. Ein herrliches Tal mit seiner Kultur- und Naturlandschaft und seinem Herzstück, der imposanten Meienreuss, bliebe unversehrt erhalten. Dem Kanton stünde es frei, auch Korporation und Gemeinde zu beteiligen.

Staumauer soll erhöht werden

«Sollte der Kanton der Ansicht sein, dass es trotz der erreichten Energieziele einer weiteren erneuerbaren Energiequelle bedarf, fordert der Urner Umweltrat ihn auf, vor seinem Entscheid über das Kraftwerk Meienreuss die Erhöhung der Staumauer des Göscheneralpsees detailliert zu prüfen», so der Umweltrat. Bei diesem Projekt habe nach einer Einsprache der Umweltverbände eine Lösung für eine schonende Umsetzung gefunden werden können.

2011 kam es jedoch zu Uneinigkeit zwischen dem Kanton und der Kraftwerk Göschenen AG (KWG) betreffend der sogenannten Restwertbemessung, sodass die Lösung zurückgehalten wurde. «Dieses Projekt liegt pfannenfertig auf, verursacht relativ wenig Schaden an der Natur und liefert das, was wir in Uri und in der Schweiz wirklich brauchen: Mehr Winterstrom», sagt Pia Tresch, Geschäftsleiterin von Pro Natura Uri, die damals an den Verhandlungen mit der KWG beteiligt war.

Verbände verlangen erneute Prüfung

«Die Stauseeerhöhung würde dank der neuen Energieförderungsverordnung 2018 des Bundes heute in den Genuss von 35 Prozent Investitionsbeiträgen kommen», so der Rat. Gemäss Auskünften des Kantons sollen die notwendigen Investitionen bis zum Konzessionsende nicht amortisiert werden können.

Die Umweltverbände verlangen hierzu die Veröffentlichung einer genauen Prüfung, inklusive der Erwägung einer frühzeitigen Neukonzessionierung. «Es kann nicht sein, dass das fragwürdige Kraftwerk Meienreuss konzessioniert wird, ohne dass man bei Kanton und CKW zuvor ernsthaft über die in etwa gleich teure und viel sinnvollere Staudammerhöhung des Göscheneralpsees diskutiert hat.»