Urner Gemeinden
Wie öffentlicher Raum bewegungs- und begegnungsfreundlicher gestaltet werden kann

Die Gesundheitsförderung Uri lud ein zum Informationsabend über die Gestaltung des öffentlichen Raums in Siedlungsgebieten mit Diskussion und Austausch. Einige gesetzliche Vorgaben des Bundes mahnen zum Handeln.

Claudia Naujoks
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«Grössere Bestrebungen, etwas baulich umzugestalten, scheitern am Finanziellen und der zeitlichen Verschleppung», äussert Gemeindepräsidentin Verena Tresch-Arnold ihren Frust über Versuche, den öffentlichen Raum in ihrer Gemeinde Gurtnellen zu verbessern. «Einige Bäume sind bei uns in Gurtnellen gesetzt worden, und die Bevölkerung beteiligt sich und schenkt Pflanzen – das sind kleine Ansätze», so Tresch. Sie wünsche sich mehr Unterstützung, denn sie sieht ein, dass vor allem für die Älteren etwas gemacht werden muss. Die Gemeinde hat mit Abwanderung und einer Überalterung der Bevölkerung zu kämpfen. Aber das sei nicht der einzige Grund, warum bauliche Anpassungen in öffentlichen Räumen allgemein notwendig seien.

Sabina Ruff bei ihrer Präsentation vor rund zwanzig Interessierten.

Sabina Ruff bei ihrer Präsentation vor rund zwanzig Interessierten.

Bild: Claudia Naujoks (Schattdorf, 22. 6. 2023)

Rund zwanzig Interessierte aus Gemeindevertretungen, Baubehörden, Architekturbüros und anderen Stellen, die an der Gestaltung der kommunalen Lebensräume beteiligt sind, konnten sich am vergangenen Donnerstag in der Stiftung Behindertenbetriebe Uri in Schattdorf in einer sogenannten Kick-off-Veranstaltung darüber informieren, wie sie in ihren Gemeinden öffentliche Flächen bewegungs- und begegnungsfreundlicher gestalten können.

Gemeinde-/Stadtentwicklerin und Expertin für Gesundheitsförderung, Sabina Ruff, vom Laboratorium für Zukunftsgestaltung.

Gemeinde-/Stadtentwicklerin und Expertin für Gesundheitsförderung, Sabina Ruff, vom Laboratorium für Zukunftsgestaltung.

Bild: Claudia Naujoks (Schattdorf, 22. 6. 2023)

«Der Bund hat in einer Studie dargestellt, dass 80 Prozent der Gesundheitskosten aufgrund von nicht übertragbaren Krankheiten wie Herz-Kreislauf-, chronische Atemwegs-Erkrankungen oder psychische Störungen verursacht werden. 50 Prozent davon könnten durch einen gesunden Lebensstil vermieden werden», erklärt Sabina Ruff. Nicht zuletzt könne ein gesunder Lebensstil viel leichter gelebt werden, wenn das Umfeld und der öffentliche Raum so gestaltet sei, dass er zu Bewegung und Begegnung einlädt, konstatierte die Gemeinde-/Stadtentwicklerin und Expertin für Gesundheitsförderung vom Laboratorium für Zukunftsgestaltung. Aber auch die Klimathematik erzeuge einen gewissen Bedarfsdruck für Massnahmen. Zum Beispiel, in Überbauungen durch schattenspendende Bepflanzung für Abkühlung der Oberflächen zu sorgen.

Sandra Remund von Pro Senectute im Kanton Luzern erklärt die Methode des Quartierrundgangs.

Sandra Remund von Pro Senectute im Kanton Luzern erklärt die Methode des Quartierrundgangs.

Bild: Claudia Naujoks (Schattdorf, 22. 6. 2023)

Mobil bleiben auch im Alter

Um herauszufinden, wo in den jeweiligen Quartieren die Seniorinnen und Senioren auf Schwierigkeiten stossen, wenn sie sich draussen bewegen oder aufhalten, hilft ein Quartierrundgang. Dieses «kleine Projekt mit grosser Wirkung», wie die Referentin Sandra Remund von Pro Senectute im Kanton Luzern es nennt, anerkennt und wertschätzt die dort lebenden alten Menschen, sensibilisiert die Begeher der neuralgischen Orte für die Problematik der Nutzerinnen und Nutzer und eröffnet einen kleinmassstäblichen Blick auf das Quartier. Mängel sind zum Beispiel unebene Trottoirs, schlecht begeh-/befahrbare Bodenbeläge oder nicht altersgerechte Sitzgelegenheiten.

Referentin Annik Artho, Projektleiterin bei der Organisation Spielraum, kümmert sich als Landschaftsarchitektin um naturnahe und nachhaltige Räume in Siedlungen.

Referentin Annik Artho, Projektleiterin bei der Organisation Spielraum, kümmert sich als Landschaftsarchitektin um naturnahe und nachhaltige Räume in Siedlungen.

Bild: Claudia Naujoks (Schattdorf, 22. 6. 2023)

Naturnahe Aufenthaltsorte für alle Generationen

«Kaum ein Faktor beeinflusst den Alltag und die Entwicklung von Kindern so sehr, wie die räumliche Gestaltung des Wohnumfeldes», zitiert Annik Artho, Projektleiterin bei der Organisation Spielraum, sinngemäss die Studie «Raum für Kinderspiel» (Blinker und Höfflin, 2015). Dabei sei besonders wichtig, dass vor allem Bevölkerungsgruppen mitbestimmen können, die sonst nicht abstimmungsberechtigt sind. Sie seien die Experten, was ihre Bedürfnisse betrifft. Dies unterstreicht auch die UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 12), indem sie dem Kind das Recht auf Partizipation gewährt. Bei der Partizipationsmethode, die Artho anwendet, kommt diese voll zum Tragen. Vorteile sind bessere und bedarfsgerechte Ergebnisse, weil die Perspektive der Nutzenden einfliesst, Fehlplanungen werden vermieden und die Identifikation mit dem Platz führt zu mehr Verantwortlichkeit und weniger Vandalismus.

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